Die Europäische Union hat am 26. Februar mit ihrem Omnibus-Vorschlag weitreichende Änderungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung und -verpflichtungen von Unternehmen vorgeschlagen. Diese Änderungen zielen darauf ab, die regulatorische Last für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu reduzieren, während gleichzeitig die Nachhaltigkeitsziele der EU weiter vorangetrieben werden.
Doch was bedeutet das für Ihr Unternehmen? Welche Veränderungen stehen an, und worauf sollte man sich einstellen? Darüber haben wir in unserem Webinar mit unserem Head of Sustainability Phillip Blumenthal und unserem CEO Markus Adler gesprochen.
Sehen Sie sich hier die Aufzeichnung an oder verschaffen Sie sich zuerst einen Überblick im folgenden Blogbeitrag.
Inhaltsverzeichnis
1. Welche Änderungen bringt der Omnibus-Vorschlag?
Der Omnibus-Vorschlag der EU-Kommission bringt umfassende Änderungen in verschiedenen Bereichen der Nachhaltigkeitsregulierung mit sich. Im Folgenden werden die wichtigsten Anpassungen in der CSRD, EU-Taxonomie, CSDDD und CBAM erläutert.
Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)
Reduzierung des Anwendungsbereichs
Rund 80 % der Unternehmen werden aus dem Geltungsbereich der CSRD herausgenommen. Nur Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und 50 Millionen Euro Umsatz müssen weiterhin verpflichtend Bericht erstatten.
Entlastung kleiner Unternehmen in Lieferketten
Die EU will sicherstellen, dass große Unternehmen keine unverhältnismäßigen Berichterstattungspflichten auf ihre kleineren Zulieferer übertragen.
Verschiebung der Berichterstattungspflichten
Unternehmen, die bereits ab 2026 oder 2027 berichtspflichtig gewesen wären, erhalten eine zweijährige Fristverlängerung bis 2028.
Doppelte Wesentlichkeitsanalyse bleibt eine zentrale Methodik
Trotz der Erleichterungen wird das Konzept der doppelten Wesentlchkeit weiterhin als Best Practice für Unternehmen empfohlen.
EU Taxonomie
Begrenzung auf die größten Unternehmen
Künftig wird nur noch ein kleiner Kreis der größten Unternehmen Taxonomie-Reports abgeben müssen, orientiert an der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD).
Freiwillige Berichterstattung
Große Unternehmen, die nicht unter die Pflicht fallen, können dennoch freiwillig berichten.
Erleichterung der Berichterstattung
Unternehmen dürfen nun auch über teilweise nachhaltige Aktivitäten berichten.
Reduzierung der Berichtspflichten um 70 %
Die EU plant eine deutliche Verschlankung der Taxonomie-Vorlagen.
Vereinfachung komplexer Anforderungen
Die besonders komplizierten “Do no significant harm” (DNSH)-Kriterien für Verschmutzungsprävention und Umweltkontrolle werden angepasst.
Neue Finanzmaterialitätsschwelle
Banken und andere Finanzinstitute erhalten Erleichterungen in der Berechnung ihres Green Asset Ratios (GAR).
Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD)
Fokus auf direkte Geschäftspartner
Die Sorgfaltspflicht wird nicht mehr auf die gesamte Lieferkette ausgeweitet, sondern konzentriert sich auf direkte Partner.
Reduzierte Überprüfungsfrequenz
Unternehmen müssen ihre Lieferketten nur alle fünf Jahre statt jährlich überprüfen.
Eingeschränkte Informationsanforderungen
KMU müssen weniger detaillierte Informationen zur Wertschöpfungskette bereitstellen.
Erleichterungen bei Haftungsregelungen
Unternehmen werden besser vor übermäßigen Schadenersatzforderungen geschützt.
Verschiebung der Pflichten
Die größten Unternehmen müssen die neuen Regeln erst ab dem 26. Juli 2028 erfüllen.
Klarere Definition von Risikobereichen
Bestimmte Umwelt- und Sozialrisiken werden nun spezifischer benannt, um Unternehmen eine bessere Orientierung zu bieten.
Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM)
Ein neuer Mindestschwellenwert
Unternehmen müssen CBAM-Berichte erst ab einem CO₂-Import von 50 Tonnen pro Jahr erstellen.
Vereinfachung der Berechnungen
Die Regeln zur Emissionsberechnung und Berichterstattung werden klarer gestaltet.
Verhinderung von Umgehungen
Neue Regeln sollen sicherstellen, dass Unternehmen CBAM nicht durch kreative Lieferketten-Gestaltung umgehen können.
Geplante Erweiterungen
Bis 2026 soll CBAM auf weitere Industriesektoren ausgeweitet werden.
2. Was bedeutet das für das Nachhaltigkeitsmanagement von KMU?
Für viele Unternehmen bedeutet der Omnibus-Entwurf eine drastische Reduktion des regulatorischen Drucks. Doch Nachhaltigkeitsmanagement bleibt relevant. Die Einführung der CSRD und ESRS hat die Grundlage für eine standardisierte, vergleichbare und bewertbare Nachhaltigkeitsberichterstattung geschaffen. Vor der Einführung internationaler Standards, waren Berichte oft uneinheitlich und schwer vergleichbar. Diese Standards ermöglichen es Unternehmen, ihre Nachhaltigkeitsleistungen transparent darzustellen und Investoren sowie anderen Stakeholdern eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu bieten.
So können Nachhaltigkeitsberichte auch ohne gesetzliche Berichtspflicht einen Wettbewerbsvorteil bieten und langfristig zur Stärkung des Unternehmens beitragen. Die bestehenden Berichtsstandards wie ESRS und VSME bleiben erhalten und bieten weiterhin eine einheitliche Orientierung. Zudem profitieren viele KMU von höheren Schwellenwerten, die kostenintensive Audit-Verfahren überflüssig machen. Wer mit größeren Unternehmen zusammenarbeitet, sollte sich dennoch an deren ESG-Standards orientieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Trotz der regulatorischen Erleichterungen verfolgt die EU weiterhin ambitionierte Klimaziele, weshalb nachhaltige Strategien für Unternehmen relevant bleiben.
3. Wie kann Code Gaia unterstützen?
Code Gaia hilft Unternehmen, sich effizient an neue regulatorische Anforderungen anzupassen und ESG-Strategien zielgerichtet umzusetzen. Die Plattform setzt auf Automatisierung, um den Aufwand in der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu reduzieren und Unternehmen praxisnahe Lösungen zu bieten.
Mit unserer Software können Unternehmen direkt nach VSME berichten, was insbesondere für KMU eine vereinfachte Berichterstattung ermöglicht. Ein zentraler Bestandteil ist unser Modul zur Doppelten Wesentlichkeitsanalyse, das Unternehmen dabei unterstützt, sich auf die wesentlichen und relevanten Themen zu fokussieren und unnötige Berichtsaufwände zu reduzieren – genau das, was die EU mit dem Omnibus-Vorschlag anstrebt.
Durch KI-gestützte Berichterstattung, automatisierte CO₂-Bilanzen und integrierte Audit-Trails vereinfacht Code Gaia die Compliance-Dokumentation und erhöht die Datenqualität. So können Unternehmen weiterhin effizient ihre Nachhaltigkeitsziele verfolgen und strategische Entscheidungen auf Basis verlässlicher Daten treffen.
Zusätzlich bietet Code Gaia eine aktive Community sowie Experten-Support durch regelmäßige Webinare und Workshops. Unternehmen profitieren weiterhin vom aktiven Austausch mit ESG-Experten und Best Practices aus verschiedenen Branchen.
5. Fazit und nächsten Schritte
Der EU-Omnibus reduziert den regulatorischen Druck erheblich, doch Nachhaltigkeit bleibt ein zentraler Erfolgsfaktor. Unternehmen sollten ihre Strategie anpassen und gezielt Maßnahmen priorisieren, um langfristig Wettbewerbsvorteile zu sichern. Wer weiterhin auf ESG-Standards setzt, wird besser auf Marktanforderungen und regulatorische Entwicklungen vorbereitet sein.
Desweiteren sollten Nachhaltigkeitsmaßnahmen gewählt werden, die langfristig Wert schaffen, finanzielle Stabilität unterstützen und Kunden sowie Investoren überzeugen. Effizienzsteigerung durch digitale Lösungen hilft dabei, Kosten zu senken und Prozesse zu optimieren. Die strategische Integration von Nachhaltigkeit und ein risikobasierter Ansatz stellen sicher, dass Unternehmen sich nicht nur an regulatorische Anforderungen anpassen, sondern Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil nutzen.
5. Häufig gestellte Fragen
CSRD Scope & Schwellenwerte
Sind Unternehmen mit weniger als 1000 Mitarbeitenden dauerhaft befreit?
Derzeit sieht es danach aus, aber die endgültige Entscheidung des Europäischen Parlaments bleibt abzuwarten.
Gibt es eine Anpassung der Schwellenwerte auf 750 oder 500 Mitarbeitende?
Nein, eine solche Änderung ist bisher nicht vorgesehen.
Wie werden Mitarbeitende gezählt? Zählt nur die EU oder weltweit?
Die Schwelle von 1000 Mitarbeitenden bezieht sich auf die durchschnittliche Anzahl konsolidiert auf Gruppenebene, nicht nur in der EU.
Wird die Bilanzsumme von 25 Mio. € weiterhin als Kriterium verwendet?
Ja, Unternehmen müssen mehr als 1000 Mitarbeiter haben und entweder einen Umsatz über 50 Mio. € oder eine Bilanzsumme über 25 Mio. € aufweisen.
Berichtsfristen & Verschiebungen
Ist die Verschiebung der Berichtspflicht auf 2028 endgültig?
Nein, es ist bisher nur ein Vorschlag und muss noch vom Europäischen Parlament beschlossen werden.
Gilt die Verschiebung auch für Unternehmen, die bereits jetzt berichten müssen?
Nein, Unternehmen der Wave 1 (erstmalige Berichterstattung 2025 über 2024) mit mehr als 1000 Mitarbeitenden müssen weiterhin berichten. Wave 2 (erstmalige Berichterstattung 2026 über 2025) und Wave 3 (erstmalige Berichterstattung 2027 über 2026) sind von der Verschiebung betroffen.
Wann wird die finale Entscheidung über die Verschiebung getroffen?
Der genaue Zeitpunkt ist unklar. Die EU-Kommission will das „Stop-the-Clock“-Proposal schnellstmöglich im Parlament diskutieren lassen.
Sollte man den laufenden Berichtsprozess pausieren oder weitermachen?
Weiterarbeiten! Nutzen Sie die Zeit zur besseren Vorbereitung und warten Sie auf finale EU-Entscheidungen, bevor Nachhaltigkeitsambitionen zurückgeschraubt werden.
EU-Taxonomie & andere Regulierungen
Wenn die CSRD verschoben wird, müssen Unternehmen dennoch die EU-Taxonomie erfüllen?
Ja, Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitenden und über 450 Mio. € Umsatz bleiben EU-Taxonomie-pflichtig.
Welche Auswirkungen hat die Verschiebung auf das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)?
Das ist bisher unklar. Die aktuellen LkSG-Ausnahmen beziehen sich auf CSRD und CSDDD. Wie die deutsche Regierung auf die neuen Vorschläge reagiert, bleibt abzuwarten.
Muss die CSRD trotzdem noch in nationales Recht umgesetzt werden?
Ja, EU-Recht muss von den Mitgliedstaaten in nationales Recht übertragen werden. Die nationalen Gesetzgeber bleiben dabei souverän.
Auswirkungen auf Unternehmen außerhalb der EU
Welche Berichtsanforderungen gelten für internationale Konzerne mit Tochtergesellschaften in der EU?
Internationale Konzerne mit mehr als 150 Mio. € Umsatz in der EU müssen ab 2029 über das Geschäftsjahr 2028 berichten. Es gibt Diskussionen, diesen Schwellenwert auf 450 Mio. € anzuheben.
Sind Nicht-EU-Unternehmen von der Verschiebung betroffen?
Nein, da sie ohnehin erst ab 2029 berichtspflichtig sind.
Müssen Tochterunternehmen in der EU berichten, wenn die Mutter außerhalb der EU sitzt?
Ja, wenn das Tochterunternehmen mehr als 1000 Mitarbeitende UND über 50 Mio. € Umsatz hat, bleibt es berichtspflichtig.
Unternehmensspezifische Umsetzung
Was sollten Unternehmen tun, die aus dem Geltungsbereich fallen? Freiwillig berichten oder VSME nutzen?
Das hängt von der strategischen Ausrichtung ab. Unternehmen können freiwillig berichten oder das VSME (voluntary sustainability reporting standard for SMEs) nutzen.
Sollten Unternehmen die doppelte Wesentlichkeitsanalyse (DMA) pausieren?
Nein, wenn die Analyse bereits begonnen wurde, sollte sie abgeschlossen werden. Sie liefert wertvolle Erkenntnisse, auch unabhängig vom Berichtsprozess.
Wie gehen Unternehmen mit bereits getätigten Investitionen in den Berichtsprozess um?
Die Investitionen sollten sinnvoll genutzt werden, um langfristig eine solide Nachhaltigkeitsstrategie aufzubauen.
Wird die freiwillige Berichterstattung geprüft?
Nein, freiwillige Berichterstattung unterliegt keiner Prüfungspflicht.
VSME
Bietet Code Gaia eine VSME-Reporting-Lösung für Kunden an?
Ja, die Software von Code Gaia enthält bereits die finale Version des vollständigen VSME.
Sollten Unternehmen, die ursprünglich unter CSRD berichtspflichtig gewesen wären, aber nun herausfallen, auf VSME umsteigen?
Ja, es wird empfohlen, sowohl das Basic Module als auch das Comprehensive Module des VSME ESRS zu nutzen, um bestmöglich auf Nachhaltigkeitsanfragen vorbereitet zu sein.
Was ist die beste Strategie für Unternehmen, die von CSRD auf VSME wechseln?
Bestehende Wesentlichkeitsanalysen weiterverwenden und sich auf das Management von Auswirkungen, Risiken und Chancen konzentrieren. Code Gaia arbeitet an einem Mapping, um ESRS-Daten sinnvoll in VSME-Berichte zu überführen.
Sollten Unternehmen der Wave 2, die nun aus dem CSRD-Geltungsbereich fallen, auf VSME umsteigen?
Ja, falls ESRS-Berichterstattung als zu umfangreich gilt, ist VSME ESRS eine sinnvolle Alternative. Jetzt den Berichtsprozess komplett einzustellen, wäre ein Rückschritt.
Sollten freiwillige Berichte nach VSME weiterhin in den Jahresberichten veröffentlicht werden?
Keine gesetzliche Pflicht, aber aus Stakeholder-Sicht sinnvoll, z. B. als Anhang zum Jahresbericht.
Lohnt sich der Wechsel von GRI III auf VSME?
GRI III ist umfangreicher und international anerkannter. Es bringt zusätzliche Verwaltungsaufwände mit sich, während VSME weniger bürokratisch ist.
Sollen Unternehmen, die bereits Berichterstattungsprozesse (z. B. doppelte Wesentlichkeitsanalyse) für CSRD begonnen haben, weitermachen oder auf VSME umstellen?
Falls CSRD-Berichtspflicht entfällt, ist DMA nicht mehr gesetzlich erforderlich, bleibt aber als wertvolles Scoping-Tool relevant.
Werden große Unternehmen von ihren Lieferanten (KMU) VSME-Berichte verlangen?
Möglich, aber nicht gesetzlich vorgeschrieben. Unternehmen können individuell entscheiden, welche Informationen sie anfordern.
Wird der „Trickle-Down-Effekt“ bedeuten, dass Unternehmen, die nicht mehr unter CSRD fallen, dennoch von Kunden zur Berichterstattung aufgefordert werden?
Ja, Kunden könnten weiterhin Nachhaltigkeitsinformationen verlangen. Die EU-Kommission plant, dass große Unternehmen nur noch Informationen fordern dürfen, die im VSME ESRS vorgesehen sind.