Letzte Woche haben wir mit Phillip Blumenthal über das sich abzeichnende „Omnibus“-Konzept für die europäische Nachhaltigkeitsberichterstattung diskutiert und darüber gesprochen, was „Omnibus“ bedeutet und ob die damit einhergehenden Ziele erreichbar oder überhaupt verständlich sind. Außerdem wurde die Frage aufgeworfen, wie Unternehmen auf diese neuen potenziellen Ungewissheiten reagieren können.
Nachstehend finden Sie eine Zusammenfassung dieses Gesprächs. Die ausführliche Niederschrift finden Sie hier:
Inhaltsverzeichnis
1. Was bedeutet die “Omnibus-Verordnung”?
Die Europäische Union unternimmt mit der Einführung einer „Omnibus“-Verordnung den Versuch einer ambitionierten Überarbeitung ihres Rahmens für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen. Diese neue Verordnung zielt darauf ab, sich überschneidende Berichtspflichten aus der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD), der Taxonomierichtlinie und der Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit (CSDDD) zu konsolidieren. Das Versprechen? Eine Reduzierung der Berichtspflichten um 25 % bis Mitte 2025.
Auf den ersten Blick klingt dies wie eine dringend benötigte Vereinfachung eines aufwendigen Systems. Doch wie bei jeder umfassenden Reform steckt der Teufel im Detail – und es gibt viele unbeantwortete Fragen dazu, wie dieses Ziel erreicht werden soll und was es für die Unternehmen bedeuten wird.
25 Prozent: ein willkürliches Ziel?
Das Versprechen der Europäischen Kommission, die Berichtspflichten um 25 % zu reduzieren, stößt auf eine gewisse Skepsis. Zum einen ist unklar, wie diese Zahl ermittelt wurde. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Kommission eine gründliche Analyse durchgeführt hat, welche Anforderungen die größte Belastung darstellen oder ohne Bedenken gestrichen werden könnten. Stattdessen scheint das Ziel von 25 % eine willkürliche Zahl zu sein, die politische Entschlossenheit vermitteln soll.
Selbst wenn dieses Ziel erreicht wird, bedeutet dies nicht unbedingt eine Verringerung des Aufwands für die Unternehmen um 25 %. Der Aufwand für die Berichterstattung ist sehr unterschiedlich: Einige Berichtsanforderungen umfassen Beschreibungen in Textform, welche unter Umständen schnell verfasst werden können. Für andere Angaben müssen erst monatelang Daten erhoben und analysiert werden, um Zahlen und Beschreibungen fertigstellen zu können. Ohne einen differenzierten Ansatz zur Vereinfachung reduziert die Omnibus-Verordnung zwar die Anzahl der Anforderungen, mindert jedoch nicht die tatsächliche Arbeitsbelastung der Nachhaltigkeitsmanager:innen.
Wo die Omnibus-Verordnung sinnvoll vereinfachen könnte
Trotz einiger Vorbehalte gegenüber dem bisherigen Prozess gibt es Bereiche, in denen die EU die Belastung sinnvoll verringern könnte. Nachfolgend sind die Bereiche aufgeführt, die nach Ansicht von Code Gaia im Mittelpunkt stehen könnten:
- Taxonomie-Verordnung
Die detaillierten Kriterien der Taxonomie sind ein idealer Kandidat für eine Vereinfachung. Für viele Unternehmen sind diese Anforderungen so belastend, dass sie am Ende eine Null-Ausrichtung melden, nur um den Aufwand zu vermeiden, eine vollständige Ausrichtung nachzuweisen. Durch eine Verfeinerung des Umfangs und eine Angleichung der Taxonomie-Verpflichtungen an die ESRS-Prinzipien könnte die EU den Prozess weniger redundant und praktikabler gestalten.
- Beurteilungen der Lieferkette
Im Rahmen der CSDDD sind die Unternehmen verpflichtet, die Auswirkungen ihrer Lieferketten umfassend zu bewerten. Eine Verringerung der Anzahl der zu analysierenden Lieferkettenebenen (zumindest in den ersten Jahren der Durchführung) oder eine Priorisierung der Risiken auf der Grundlage von Umsatz oder Wesentlichkeit könnte die Belastung erheblich verringern.
- Assurance Standards
Eine Definition der begrenzten Sicherheit, die die Dokumentation unkritischer Inhalte reduziert, könnte einen echten Unterschied machen. Die derzeitigen Zuverlässigkeitsanforderungen lösen bei den Unternehmen erhebliche Ängste aus, und zwar nicht wegen der öffentlichen Berichterstattung, sondern wegen des arbeitsintensiven Prozesses der Dokumentation von Methoden und Ungewissheiten.
- Branchenspezifische Standards
Ein Stopp oder eine Zurückstellung der Entwicklung zusätzlicher branchenspezifischer Standards im Rahmen der ESRS könnte weitere Komplexität verhindern. Die Unternehmen brauchen Klarheit und nicht wachsende Regelwerke.
Trotz Ungewissheit den Kurs beibehalten?
Für Unternehmen, die bereits in der Nachhaltigkeitsberichterstattung bewandert sind, ist unser Rat einfach: Bleiben Sie auf Kurs. Wenn sich Ihr Unternehmen zur Umsetzung der ESRS verpflichtet hat, machen Sie wie geplant weiter. Der Inhalt der ESRS wird wahrscheinlich weitgehend unverändert bleiben, auch wenn die Richtlinien konsolidiert werden. Wer auf eine deutliche Verringerung der Meldepflichten setzt, könnte sich in einer Zwickmühle wiederfinden, wenn die Änderungen weniger tiefgreifend sind als erwartet.
Für diejenigen, die sich mit der Taxonomie auseinandersetzen, kann ein pragmatischer Ansatz darin bestehen, die Berichterstattung nach Möglichkeit auf null zu reduzieren. Dabei geht es nicht darum, sich vor der Verantwortung zu drücken, sondern darum, die Grenzen eines zu detaillierten Rahmens zu erkennen, der oft die technische Einhaltung von Vorschriften gegenüber sinnvollen Maßnahmen belohnt.
Derzeit steht der Aufwand der EU-Taxonomie in keinem angemessenen Verhältnis zum Nutzen. Für Unternehmen bedeutet dies: Der hohe Arbeitsaufwand führt derzeit nicht zu einem entsprechend großen Mehrwert. Deshalb agieren viele Unternehmen noch sehr zurückhaltend in diesem Bereich. Der Nutzen könnte jedoch erheblich gesteigert werden, wenn die Anforderungen weniger aufwendig wären.
Schließlich sollten die Unternehmen versuchen, ihre Berichterstattung richtlinienübergreifend zu harmonisieren. Nutzen Sie beispielsweise die im Rahmen der ESRS erkannten wesentlichen Auswirkungen im Zusammenhang mit der vorgelagerten Wertschöpfungskette, um die sich überschneidenden Anforderungen der CSDDD zu erfüllen. Diese interne Rationalisierung kann die Belastung mindern, noch bevor externe Reformen in Kraft treten.
5. Fazit: Ein Blick auf das große Ganze
Die Omnibus-Verordnung hat das Potenzial, die berechtigten Bedenken von Unternehmen auszuräumen, die mit sich überschneidenden und doppelten Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu kämpfen haben. Um dies zu erreichen, muss jedoch mehr getan werden, als nur 25 % der Verpflichtungen zu streichen. Echte Vereinfachung bedeutet, dass Klarheit, Konsistenz und Praktikabilität im Vordergrund stehen und gleichzeitig sichergestellt wird, dass die Reformen sinnvolle Nachhaltigkeitsergebnisse unterstützen.
Die EU muss sorgfältig vorgehen. Nachhaltigkeit ist ein Eckpfeiler ihrer gesetzgeberischen Agenda, und eine schlecht durchgeführte Reform könnte sowohl die Einhaltung der Vorschriften durch die Unternehmen als auch das Vertrauen der Öffentlichkeit untergraben. Für die Unternehmen besteht der beste Ansatz darin, anpassungsfähig, informiert und proaktiv zu bleiben. Die Omnibus-Verordnung könnte einige Aspekte der Berichterstattung vereinfachen, aber es ist unwahrscheinlich, dass sie die Notwendigkeit rigoroser und durchdachter Nachhaltigkeitsbemühungen beseitigen wird.
Das Versprechen einer Omnibus-Verordnung ist überzeugend, aber ob sie eine sinnvolle Erleichterung bringt oder die Komplexität noch erhöht, bleibt abzuwarten. Bis dahin liegt die Last der Vorbereitung ganz klar bei den Unternehmen. Letztlich brauchen die Unternehmen Klarheit, Konsistenz und Zusammenarbeit. Die politischen Entscheidungsträger sollten eng mit dem Privatsektor zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass der neue Rahmen nicht nur auf dem Papier gut aussieht, sondern die Unternehmen auf ihrem Weg zur Nachhaltigkeit auch wirklich unterstützt.
Wir bei Code Gaia bauen bereits an dem perfekten Omnibus, der mittelständische Unternehmen effektiv und ganzheitlich zu ihrem Ziel bringen soll: dem konformen Nachhaltigkeitsbericht. Unsere Bauteile dafür bleiben die gleichen. Holistisches CSRD-Reporting, das KMU Schritt für Schritt durch den Prozess führt, persönlicher Support von unseren Expert:innen, sichere KI-Workflows und methodische Exzellenz.